4.000 Streikende im Handel sind eine eindeutige Botschaft

Nürnberg u.a., 17.05.2023. Nach dem enttäuschenden Auftakt der Tarifverhandlungen im bayerischen Handel hat die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) Beschäftigte aus über 170 Betrieben am Mittwoch, den 17.05.2023 zum Streik aufgerufen. 4.000 Beschäftigte von Alliance Healthcare, Amazon, Bauhaus, Chefs Culinar, Dehner, Douglas, Edeka, Esprit, eurotrade Flughafen, Galeria Karstadt Kaufhof, Globus, H&M, Hoffmann, Hugendubel, Ikea, Kaufland, Lidl, Marktkauf, Massimo Dutti, MediaMarkt, Metro, netto, Norma, Rewe, Saturn, Selgros, Sport Scheck, Stahlgruber, Transgourmet, V-Markt und Zara folgten dem Streikaufruf. Allein 3.500 Streikende versammelten sich zu einer zentralen Streikkundgebung in Nürnberg.

„Bei Lebensmitteln, Energiekosten, Mieten oder Mobilitätskosten sind die Preise für die Beschäftigten explodiert. Auf der anderen Seite erleben wir steigende Umsätze und Extra-Gewinne bei den Konzernen und dies wird vielfach durch massive Preiserhöhungen erzielt. Dann aber Menschen mit Tarifangeboten abspeisen zu wollen, die weitere Reallohnverluste zur Folge haben, ist ein Skandal,“ rief Luise Klemens, ver.di Landesleiterin den Streikenden zu.

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„Viele Beschäftigte im bayerischen Handel arbeiten mit Leidenschaft in ihrem Beruf. Sie versorgen die Menschen im Land mit Waren und sind das Rückgrat der Gesellschaft. Sie finden es aber unerträglich, dass sie nahezu kein frei verfügbares Ein-kommen mehr haben und sie nach 45 Jahren Arbeit in ihrem Beruf von Altersarmut bedroht sind“, erklärt Hubert Thiermeyer, ver.di Verhandlungsführer im bayerischen Einzelhandel in der Streikversammlung.

Respekt zollte Thomas Gürlebeck, ver.di Verhandlungsführer im bayerischen Großhandel, den Streikenden für ihren Mut, heute ihr Streikrecht wahrzunehmen, vor allem den vielen Menschen, welche sich zum ersten Mal am Streik beteiligen.

„Der Ärger über das Angebot der Arbeitgeber und die Angst vor Altersarmut treibt die Menschen auf die Straße“, so Gürlebeck weiter.

Eindrucksvolle Berichte aus den Betrieben machten in der Streikkundgebung deutlich, dass sich viele Menschen in einer Existenzkrise befinden und dringend reale Entgelterhöhungen brauchen, die diesen Namen auch verdienen.

Durch die Streikaktionen kam es zu Einschränkungen im Service und in der Belieferung der genannten Unternehmen. Trotzdem zeigten viele Kundinnen und Kunden Verständnis für die Situation der Beschäftigten.

Seit April werden eigenständige Tarifverhandlungen in Bayern für die Beschäftigten im Einzel- und Versandhandel, im Groß- und Außenhandel, im Genossenschaftlichen Großhandel und bei Buchhandel und Verlage geführt. Die Angebote der Arbeitgeberverbände bewegten sich zwischen 3 % und 4 % Entgelterhöhung in 2023. Zum Teil ergänzt wurden die Angebote um Inflationsausgleichsprämien weit unter 1.000 €. Für das zweite Jahr boten die Arbeitgeber Erhöhungen zwischen 2 % und 2,4 %. Alle Angebote hatten eine Laufzeit von 24 Monaten.

Hintergrundinformation:

ver.di fordert für die Beschäftigten im bayerischen Einzel- und Versandhandel:

  • Erhöhung der Löhne und Gehälter um 2,50 € in der Stunde.
  • Erhöhung der Ausbildungsvergütungen um 250 € im Monat.
  • Erhöhung der unteren Beschäftigtengruppen und Löhne auf ein rentenfestes Mindesteinkommen von 13,50 € in der Stunde.
  • Die Laufzeit des Tarifvertrages soll 12 Monate betragen.
  • Die Tarifverträge des bayerischen Einzelhandels sollen wieder allgemeinverbindlich werden, damit Dumpingkonkurrenz und Vernichtungswettbewerb wirksam bekämpft werden.

ver.di fordert für die Beschäftigten im bayerischen Groß- und Außenhandel:

  • Tabellenwirksame Erhöhung der Entgelte um 13 %
  • Erhöhung der Ausbildungsvergütungen um 250 €
  • Die Laufzeit der Tarifverträge muss 12 Monate betragen.
  • In einer gemeinsamen Initiative soll die Allgemeinverbindlichkeit der Entgelttarifverträge erreicht werden

Untermauert wurden diese Forderungen durch eine breite Beschäftigtenbefragung, an der sich knapp 6.000 Kolleginnen und Kollegen aus über 500 Einzelhandels-Betrieben und knapp 4.000 Beschäftigte aus dem Groß- und Außenhandel beteiligten. Dort geben 76 % der Befragten aus dem Einzelhandel an, Probleme zu haben, mit ihrem derzeitigen Gehalt den Lebensunterhalt zu bestreiten. Im Groß- und Außenhandel liegt der Anteil bei 73 %. 87 % im Einzel- und 89% im Großhandel schätzen ein, dass ihre Rente aus dem derzeitigen Gehalt nicht vor Altersarmut schützt. 68 % unterstützen eine überproportionale Anhebung der unteren Einkommen und 84 % der Befragten fordern die Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge.

Die Tarifverhandlungen im Großhandel werden am 23.05.2023, im Genossenschaftlichen Großhandel am 30.05.2023, im Einzelhandel am 13.06.2023 und bei Buchhandel und Verlage am 27.06.2023 fortgesetzt.

Quelle: ver.di Bayern