Fast sieben Jahre nach dem Einsturz eines Traggerüstes beim Bau einer Autobahnbrücke in Unterfranken beginnt am kommenden Montag (13. März) der Prozess um das Unglück mit einem Toten und mehreren Verletzten. Vor dem Landgericht Schweinfurt stehen vier Angeklagte. Der Kammer steht ein langwieriges, komplexes Verfahren bevor. Bis zum 5. April sind zwölf Termine angesetzt.
Die Staatsanwaltschaft wirft zwei Prüfingenieuren – 49 und 64 Jahre alt – sowie einem 51 Jahre alten Statiker fahrlässige Tötung sowie fahrlässige Körperverletzung in 14 Fällen vor. Ein weiterer 59 Jahre alter Prüfingenieur steht wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen und fahrlässiger Körperverletzung durch Unterlassen vor Gericht.
Am 15. Juni 2016 waren Teile der im Bau befindlichenSchraudenbach-Talbrücke der Autobahn 7 bei Werneck (Landkreis Schweinfurt) eingestürzt – beim Betonieren versagte nach bisherigen Erkenntnissen eine Gerüststütze. Etliche Bauarbeiter wurden mehr als 20 Meter in die Tiefe gerissen. Ein 38 Jahre alter Vater zweier Kinder starb. 14 weitere Menschen wurden verletzt, 3 davon lebensgefährlich, 6 schwer.
Der 51 Jahre alte Angeklagte soll die Statik der Traggerüstkonstruktion der Brücke berechnet und die Ausführungszeichnungen erstellt haben. Dabei soll er Fehler gemacht haben – und dadurch soll das Gerüst nicht tragfähig genug gewesen sein. Rund 1500 Tonnen Beton waren eingefüllt, als alles zusammenbrach.
Der 59-Jährige steht vor Gericht, weil er sich als vom Freistaat Bayern betrauter Prüfer nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft praktisch gar nicht mit der Sache beschäftigt und seinerseits die Angelegenheit regelwidrig an den ebenfalls angeklagten 64 Jahre alten Subunternehmer weitergegeben haben soll. Dieser wiederum übertrug die Arbeit seinem Angestellten, dem 49-Jährigen. Alle drei hätten nach Ansicht der Ankläger die Fehler in der statischen Konstruktion und in der Berechnung erkennen können und müssen.
Ein erster Prozess zu dem Unglück gegen damals drei der Angeklagten hatte Ende 2019 begonnen, war aber nach sechs Verhandlungstagen ausgesetzt worden, weil das mündliche Gutachten der damaligen Bausachverständigen in zentralen Punkten vom schriftlichen Gutachten abwich. Seither wurde ein neues Gutachten erstellt, wozu die Verfahrensbeteiligten Stellung beziehen mussten.
Im Zuge von Nachermittlungen klagte die Staatsanwaltschaft dann auch den 64-Jährigen an. Die Verfahren wurden zusammengelegt, die juristische Aufarbeitung beginnt nun neu.
Im ersten Prozess hatte der angeklagte Statiker die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen. Der 51-Jährige war für ein ortsansässiges Unternehmen maßgeblich mit der Planung des Gerüstes an der Brücke betraut. Er argumentierte vor dem Landgericht, die ausführenden Baufirmen hätten sich nicht immer an seine Planungen gehalten. Wäre dies geschehen, wäre das Gerüst nicht eingestürzt.
Die Baustelle wurde nach dem Unglück vier Wochen stillgelegt, um der Einsturzursache auf den Grund zu gehen. Für die Analyse hatte eine Gutachterin jedes noch so kleine Teil des eingestürzten Abschnittes einzeln abtragen und mit einem 3D-Scanner vermessen lassen.
Die 1965 gebaute Brücke musste unter anderem wegen ihres schlechten Zustandes erneuert werden. Die jahrzehntelange Dauerbelastung mit tonnenschweren Sattelschleppern hatte auf der vielbefahrenen A7 Spuren hinterlassen. Der Ende 2019 fertiggestellte Neubau ist 236 Meter lang, bis zu 22 Meter hoch und kostete nach Angaben der Autobahndirektion Nordbayern etwa 18 Millionen Euro. Das Unglück verzögerte den Bauabschluss um etwa ein Jahr.

Quelle: dpa

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