Bis zu rund 3.000 Menschen kommen am morgigen Samstag, 8. Mai auf dem Volksfestplatz zu einer Demonstration gegen die Coronamaßnahmen zusammen. Eine Tatsache, die in der aktuellen Situation – noch immer verzeichnet die Stadt Schweinfurt mit heute 273,2 (laut Robert-Koch-Institut am 07.05.2021) den zweithöchsten Inzidenzwert in Bayern – für verständlichen Unmut sorgt.
Warum wird die Demonstration nicht verboten?
Versammlungsfreiheit ist ein Grundrecht. Dies bedeutet, dass eine Demonstration keiner Genehmigung seitens der Stadt Schweinfurt bedarf. Eine Versammlung muss lediglich angemeldet sein und kann mit bestimmten Auflagen versehen werden. Ein Versammlungsverbot ist nur in sehr seltenen Ausnahmefällen denkbar.
Auch die 12. Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung sieht kein generelles Verbot auf Grund der aktuellen Pandemielage oder wegen bestimmter Inzidenzwerte vor. Sie sagt nur, dass eine Versammlung bis 200 Teilnehmern in der Regel infektionsschutzrechtlich vertretbar ist. Bei mehr als 200 Teilnehmern ist eine individuelle Betrachtung vorzunehmen, die regelmäßig mit Beschränkungen einhergeht.
Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen in anderen Bundesländern sind schärfer in ihren Vorgaben. So regelt zum Beispiel das Land Sachsen in seiner Infektionsschutzmaßnahmenverordnung, dass in einer Stadt, in der der Inzidenzwert an drei Tagen in Folge den Wert von 200 überschreitet, eine Versammlung mit maximal 200 Teilnehmern stattfinden darf. In Thüringen sind derzeit prinzipiell nur 500 Teilnehmer erlaubt. Steigt die Inzidenz dort auf 200, dürfen sich nur noch 100 Menschen unter freiem Himmel versammeln, ab einer Inzidenz von 300 nur noch 10 Personen.
Warum hat die Stadt Schweinfurt keine strengeren Auflagen erlassen?
Die Stadt Schweinfurt hat bereits zu Beginn der Woche auf Grund des stark erhöhten Inzidenzwertes eine Allgemeinverfügung erlassen wollen, in der ebenfalls eine Teilnehmerbegrenzung auf maximal 200 Personen bei Versammlungen unter freiem Himmel angedacht war. Die Regierung von Unterfranken, die zu einem solchen Erlass ihr Einvernehmen erteilen muss, hat das Bayerische Gesundheits- und Innenministerium beteiligt. Ergebnis dieser Prüfung der staatlichen Behörden war, dass von einer fixen Teilnehmerobergrenze abgeraten wird und auf eine solche Regelung verzichtet werden muss. Ansonsten wäre das Einvernehmen nicht erteilt worden.
So war die Stadt Schweinfurt gezwungen, die Allgemeinverfügung zu überarbeiten und ohne feste Teilnehmerbegrenzung für Versammlungen zu erlassen. Folge war, dass die angezeigte Versammlung durch individuellen Beschränkungsbescheid zu regeln war.
Warum konnte die Teilnehmerzahl dennoch nicht begrenzt werden?
Bei einer individuellen Regelung für eine Versammlung ist der Maßstab zur Ermittlung der zulässigen Teilnehmerzahl die Größe der zur Verfügung stehenden Versammlungsfläche. In Pandemiezeiten ist auch das Infektionsschutzrecht maßgeblich zu berücksichtigen. Konkret bedeutet dies, dass die Teilnehmerzahl so begrenzt werden muss, dass auf der Versammlungsfläche auch der erforderliche Mindestabstand eingehalten werden kann.
Nach Abzug aller Funktionsflächen (Polizei, Rettungskräfte, Rettungswege, etc.) verblieben rund 12.000 qm Versammlungsfläche, die unter streng bemessenen Maßstäben (zum Beispiel eines Mindestabstands von 2m anstatt der eigentlich vorgegebenen 1,50 m) zu einer möglichen Teilnehmerzahl von 3.400 Personen führten.
Dass damit und weiteren Auflagen überdurchschnittlich strenge Maßnahmen seitens der Stadt Schweinfurt ergriffen wurden, zeigt die Tatsache, dass die Veranstalter Klage beim Verwaltungsgericht eingelegt und Eilrechtsschutz beantragt haben. Dieser Antrag wurde vom Verwaltungsgericht Würzburg vollständig abgelehnt. Damit wurde die rechtliche Bewertung der Stadt Schweinfurt bestätigt.
Warum kann nicht auf Grund der Teilnehmer, die nach Presseberichten gewaltbereit und rechtsgerichtet sind, noch strenger reagiert werden?
Die Versammlung wurde von zwei Privatpersonen angemeldet, zu denen es keine verwertbaren Erkenntnisse und auch keine entsprechenden Rechercheergebnisse der Stadt Schweinfurt gibt, die weitere Maßnahmen zugelassen hätten. Hier könnten nur entsprechende behördliche Erfahrungen zu einer anderen Einzelfallbetrachtung bzw. Gefahrenbeurteilung führen. Solche liegen aber nicht vor.
Fazit
Die Stadt Schweinfurt hat alle rechtlich vertretbaren Maßnahmen ergriffen. Ein Verbot der Demonstration wäre rechtlich nicht haltbar gewesen. In diesem Fall hätte das Verwaltungsgericht den Bescheid der Stadt aufgehoben – mit unvorhersehbaren Folgen.
Quelle: Stadt Schweinfurt