Maschinelle Lernverfahren im industriellen Einsatz
Künstliche Intelligenz (KI) für eine nachhaltig optimierte Wertschöpfung,
kurz »KI-noW«, ist die jüngste Außenstelle des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik
und Automatisierung IPA mit Hauptsitz in Stuttgart. Trotz der Corona-Pandemie kann sie auf ein ereignisreiches Jahr zurückblicken, in dem der Einsatz von KI für das produzierende Gewerbe vor Ort praxisnah erforscht wurde.
»Mit unserer Außenstelle in Schweinfurt bieten wir sowohl produzierenden Unternehmen
und Dienstleistern als auch Studierenden und Interessierten aus der Region die
Möglichkeit, mit uns in Kontakt zu treten, um sich über neueste technische Ansätze
auszutauschen. Zwar mussten wir wegen der Corona-Pandemie noch mit angezogener
Handbremse starten, konnten jedoch wertvolle Kontakte knüpfen und wichtige Projekte
aufsetzen«, so die erste Bilanz von Professor Frank Döpper, der die Außenstelle KI-noW
und darüber hinaus auch die Fraunhofer-Projektgruppe Prozessinnovation in Bayreuth
verantwortet.
Für Christoph Hoffmann, Projektleiter der Außenstelle KI-noW, ist der Anfang gemacht:
»In diesem ersten Jahr seit dem Start im Oktober 2020 haben wir untersucht, welche
Prozesse KI bestmöglich unterstützen kann und welche Herausforderungen bei der
Umsetzung damit verbunden sind. Allen voran muss die Vernetzung der Produktion
intensiviert werden, um mehr Daten für KI-Anwendungen bereitstellen und dem Menschen
gewinnbringende Informationen und Entscheidungsunterstützungen an die
Hand geben zu können. Damit rücken Mensch und Maschine noch näher zusammen.«
Beispielsweise arbeiten Hoffmann und sein Team im Rahmen von Fallstudien gemein-
sam mit Unternehmen an Lösungen, die den Menschen bei der täglichen Arbeit
unterstützen sollen. Diese Einzelfallstudien reichen von der Montage über die CNCBearbeitung bis hin zur Datenanalyse von vollautomatisierten Prozessen. »Gerade
dieses breite Spektrum an Anwendungsbereichen macht den Einsatz von KI so
interessant«, so Hoffmanns Eindruck.
Datenerfassung in der spanenden Fertigung
Eine dieser Fallstudien, die gemeinsam mit dem Automobilzulieferer Brose erstellt
wurde, beschäftigt sich mit der Anomalie-Detektion an Werkzeugmaschinen. Ziel
ist es, die Standzeit von Werkzeugen in der CNC-Zerspanung zu optimieren. Das
Problem: Ein zu früh durchgeführter Werkzeugwechsel führt zu erhöhten Kosten.
Ein zu spät durchgeführter Wechsel kann Ausschuss verursachen und zu ungeplanten
Stillstandszeiten führen. Die Lösung: Zur Ermittlung von Signalmustern, die auf einen
Werkzeugverschleiß hindeuteten, wurde eine Anlage mit verschiedenen Sensoren
vernetzt, die Daten sammeln. Auf dieser Datengrundlage konnte anschließend eine
umfassende Analyse mittels maschineller Lernverfahren aufgebaut werden. Sie ermöglicht,
geeignete Modelle zur Detektion von Werkzeugverschleiß zu trainieren und damit
einen kritischen Werkzeugzustand frühzeitig zu erkennen und Kosten zu sparen.
»Die Zusammenarbeit in der Fallstudie basiert auf einem offenen und regelmäßigen
Austausch, um das jeweilige Domänenwissen aller Beteiligten bestmöglich einzubringen.
Die enge Abstimmung mit Brose sowie dem Hersteller der CNC-gesteuerten Bearbeitungszentren waren wichtig für die richtige Platzierung der ausgewählten Sensoren des Fraunhofer IPA. Die Vermessung der Fräswerkzeuge durch den Werkzeughersteller liefert Informationen bezüglich des Werkzeugverschleißes. Diese Informationen werden den aufgezeichneten Sensorsignalen gegenübergestellt und mittels Maschinellem Lernenvon unseren Experten analysiert. Vorerst ist nicht geplant, im Rahmen der Fallstudie
die Überwachung des Werkzeugverschleißes für den Dauereinsatz prototypisch umzusetzen. Das wäre im Nachgang jedoch der nächste logische Schritt«, fasst Christoph
Hoffmann die Projektarbeit zusammen.
Regionales KI-Netzwerk im Aufbau
Neben der direkten Projektarbeit mit regionalen Unternehmen pflegt die Außenstelle
KI-noW auch intensiven Austausch mit wirtschaftsnahen und wissenschaftlichen Institutionen.
»Die maßgebende Unterstützung der Stadt Schweinfurt sowie der Austausch
mit der IHK Würzburg-Schweinfurt und der Regiopolregion Mainfranken haben die
ersten Weichen gestellt. Unter anderem haben wir seitens der Universität Bayreuth mit
der Hochschule Würzburg-Schweinfurt (FHWS) ein gemeinsames Projekt begonnen«,
berichtet Frank Döpper. Aus seiner Sicht ist das Ganze kein Selbstläufer. Unternehmen
und Institute wollen überzeugt werden. Dafür braucht es neben der fachlichen Kompetenz
vor allem Fingerspitzengefühl und passende Antworten auf Fragen, die im
Produktionsumfeld alles andere als trivial sind.
Dass nach einem Jahr Fraunhofer-Außenstelle in Schweinfurt die Arbeit nicht ausgeht,
zeigt deutlich: Das Digitalisierungsinteresse der Industrie ist ungebrochen. Die Nachfrage
für KI-Anwendungen steigt. In Vorbereitung ist aktuell ein weiteres Projekt mit der
FHWS und KI-noW. Im Kern soll es darum gehen, wie Künstliche Intelligenz Mitarbeitende
produzierender Unternehmen unterstützen und damit das »Domänendenken«
der einzelnen Produktionsbereiche aufgebrochen werden kann. Ziel soll es sein, ein
wandlungsfähiges Assistenzsystem für eine übergeordnet-optimierte Produktionssteuerung zu entwickeln. Das Zauberwort lautet hier »Menschzentrierte KI«.
Wer Interesse hat, mehr über Maschinelle Lernverfahren im industriellen Praxiseinsatz
zu erfahren, kann direkt mit dem KI-noW-Team Kontakt aufnehmen oder sich für den
nächsten Open Lab Day am 29. und 30. November in Schweinfurt anmelden:

https://bit.ly/3bzm6Vj

Werbung