Foto: Manfred Röder
Die Entscheidung des Kreistages Schweinfurt, die Reaktivierung der Steigerwaldbahn vorerst nicht mehr weiterzuverfolgen, ist aus Sicht der Kreisgruppe Schweinfurt des ökologischen Verkehrsclub Deutschland (VCD) zu kurzsichtig gedacht. Zwar sei es verständlich, dass der Kreis nun die Busverkehre planen muss und daher zu dem Schluss kam, dass man gegen die reaktivierungsfeindliche bayerische Politik letztlich machtlos ist. Manfred Röder vom Schweinfurter VCD hätte sich trotzdem ein anderes, mutigeres Signal gewünscht: „Während in Glasgow die UN-Klimakonferenz um die Rettung des Klimas ringt, wird in Schweinfurt der Abbau der klimafreundlichen Schiene beschlossen – das ist hochgradig widersinnig. Um die bereits beschlossenen Klimaziele einzuhalten, ist eine Änderung des Mobilitätsverhaltens notwendig. Es ist absehbar, dass man schon in wenigen Jahren diese falsche Weichenstellung bereuen wird. Perspektivisches Denken ist bei der Berechnung der Potenziale der Bahn offensichtlich Fehlanzeige.“
Schülerzahlen zu gering angesetzt
Dass die Bayerische Eisenbahn-Gesellschaft (BEG) nach insgesamt acht Terminen mit den Kreisverwaltungen, bei denen die Ergebnisse der Potenzialanalyse erörtert wurden, die zunächst genannten Zahlen nach oben korrigiert hat, bestätigt die Zweifel des VCD an der Potenzialanalyse. Bei der Kreistagssitzung wurde bekannt, dass die BEG insbesondere Schülerzahlen zu niedrig angesetzt hatte und nun nach neuen Berechnungen auf 982 Reisendenkilometer pro Streckenkilometer im Nordteil der Strecke kommt. Sogar in der „isolierten Betrachtungsweise bei alleiniger Reaktivierung des Nordteils“ ergab diese neue Berechnung der BEG 790 Reisendenkilometer pro Streckenkilometer.
1000-er Kriterium nicht zukunftsgerecht
Den in der Beschlussvorlage der Verwaltung geäußerten Zweifeln, ob das 1000er-Kriterium (mindestens 1000 Reisendenkilometer pro Streckenkilometer) tatsächlich der geeignete Maßstab für die Bewertung von längeren Bahnnebenstrecken in ländlichen Gebieten ist, schließt der VCD sich an. In der Tat erweisen sich hier die bayerischen Reaktivierungskriterien einmal mehr als Verhinderungskriterien. Klimarelevante oder sozialethische Zahlen sind gar nicht berücksichtigt. Während in anderen Bundesländern schon zahlreiche Bahnstrecken auch im ländlichen Raum mit Erfolg reaktiviert wurden, werde wohl in Bayern alles Geld für Straßenbau und die zweite Stammstrecke in München benötigt, zum Nachteil des ländlichen Raumes in Franken.
Anliegende Bürger mehrheitlich für die Bahn
Sven Haubenreich von der Kreisgruppe des VCD ergänzt: „Die VCD-Umfrage von Anfang des Jahres hatte deutlich gezeigt, dass der überwiegende Teil der anliegenden Bevölkerung der Bahn positiv gegenübersteht. Es sei sehr bedauerlich, dass die Kommunalpolitik ihre Bürger:innen nicht ernstnimmt und die Chance eines Bahnanschlusses an die Welt nicht wahrnehmen will.“ Verloren ist die Strecke nach Ansicht des VCD damit noch nicht – denn wenn es mit rechten Dingen zugeht, sei die Erteilung der Unternehmensgenehmigung für die Steigerwaldbahn an die Thüringer Eisenbahn in Kürze zu erwarten.
Quelle: VCD Kreisverband Mainfranken Rhön – Ortsgruppe Schweinfurt