Vor fast sechs Jahren werden 14 Menschen beim Einsturz von Teilen einer neuen Autobahnbrücke verletzt. Ein Mann stirbt. Wer an dem Unglück Schuld trägt, ist weiter ungeklärt. Die Staatsanwaltschaft hat aber einen weiteren Verdächtigen ausgemacht.
Werneck/Schweinfurt (dpa/lby) – Fast sechs Jahre nach dem Einsturz eines Traggerüstes beim Bau einer Autobahnbrücke in Unterfranken gibt es einen weiteren Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft Schweinfurt geht davon aus, dass sich auch dieser Prüfingenieur der fahrlässigen Tötung und 14-facher fahrlässiger Körperverletzung schuldig gemacht hat. Nun muss das Landgericht über die Zulassung der Anklage entscheiden und darüber, ob das Verfahren mit dem bisherigen verbunden wird, wie ein Gerichtssprecher erklärte. Danach muss das Landgericht einen neuerlichen Prozessstart zur juristischen Aufarbeitung des Unglücks bei Werneck (Landkreis Schweinfurt) festlegen. Insgesamt gibt es in dem Komplex nunmehr vier Angeklagte.
Am 15. Juni 2016 waren Teile der im Bau befindlichen Schraudenbach-Talbrücke der Autobahn 7 eingestürzt. Etliche Bauarbeiter wurden mehr als 20 Meter in die Tiefe gerissen. Ein 38 Jahre alter Vater zweier Kinder starb. 14 weitere Menschen wurden verletzt.
Das Verfahren war Ende 2019 nach sechs Verhandlungstagen ausgesetzt worden, weil das mündliche Gutachten der damaligen Bausachverständigen in zentralen Punkten vom schriftlichen Gutachten abwich. Seither wurde ein neues Gutachten erstellt, wozu die Verfahrensbeteiligten Stellung beziehen mussten.
Im ersten Verfahren hatte ein angeklagter Statiker die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen. Der Ingenieur war für ein ortsansässiges Unternehmen maßgeblich mit der Planung des Gerüstes an der Brücke betraut. Er argumentierte vor dem Landgericht, die ausführenden Baufirmen hätten sich nicht an seine Planungen gehalten. Wäre dies geschehen, wäre das Gerüst nicht eingestürzt.
Die Staatsanwaltschaft wirft auch diesem dem Mann fahrlässige Tötung sowie fahrlässige Körperverletzung in 14 Fällen vor. Ebenfalls angeklagt sind zwei weitere Ingenieure, denen Fehler bei der Abnahme der Planungen vorgeworfen werden.
Dass es nun einen vierten Angeklagten gibt, begründet die Staatsanwaltschaft so: «Der Tatverdacht ergab sich aus dem Ergebnis von Nachermittlungen, die in der Zeit nach der Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens gegen die anderen Angeklagten unternommen wurden.» Es bestehe der Verdacht, dass der 64-Jährige einer ihm obliegenden Pflicht zur Prüfung statischer Berechnungen nicht ausreichend nachgekommen ist. «Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe.»
Die 1965 gebaute Brücke musste unter anderem wegen ihres schlechten Zustandes erneuert werden. Die jahrzehntelange Dauerbelastung mit tonnenschweren Sattelschleppern hat auf der vielbefahrenen A7 Spuren hinterlassen. Der Ende 2019 fertiggestellte Neubau ist 236 Meter lang, bis zu 22 Meter hoch und kostete nach Angaben der Autobahndirektion Nordbayern etwa 18 Millionen Euro.

Quelle: dpa

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