Kelle in Maurerhand: Der Bau sucht händeringend Leute. Trotzdem warten Bauarbeiter dringend auf ein Signal der Arbeitgeber, den Branchenmindestlohn als untersten Lohnsockel nicht aufs Spiel zu setzen. „Das wäre fatal. Dann laufen dem Bau die Leute weg“, so die Industriegewerkschaft BAU. Foto: IG BAU | Tobias Seifert

Viele der 750 Baubeschäftigten im Kreis Haßberge betroffen
Appell an heimische Bauunternehmen: „Branchenmindestlohn bis Freitag retten“
Die Preise im Supermarkt ziehen an – und auch der Mindestlohn auf dem Bau soll steigen: Ab Mai könnten viele der rund 750 Baubeschäftigten im Landkreis Haßberge mindestens 13,45 Euro pro Stunde verdienen – sie bekämen dann einen um 60 Cent höheren Branchenmindestlohn. Doch genau das droht jetzt an den Arbeitgebern zu scheitern. „Dann würde der Stundenlohn von Bauhelfern, Maurern, Zimmerern und Co. abstürzen – auf 9,82 Euro. Das wäre der unterste Lohnsockel, der überhaupt zulässig ist: der gesetzliche Mindestlohn“, sagt Michael Groha vom Bezirksverband Mainfranken der Industriegewerkschaft BAU.

Der Bau warte auf ein „Ja“ der Arbeitgeber zum Branchenmindestlohn. Dazu müssten Bauindustrie und Bauhandwerk bis kommenden Freitag [Hinweis f.d. Red.: 8. April] dem Beispiel der Gewerkschaft folgen und einen Schlichterspruch zum eigenen Mindestlohn für den Bau annehmen. „Es steht Spitz auf Knopf. Der Countdown läuft“, so Michael Groha. Der Bezirksvorsitzende ruft die Bauunternehmen im Kreis Haßberge auf, ihren Arbeitgeberverbänden „das eindeutige Signal zu geben, den Branchenmindestlohn auf dem Bau zu retten“. Andernfalls werde es auf den Baustellen eine „regelrechte Abwanderungswelle“ geben. „Kein Mensch stellt sich bei Wind und Wetter hin und schuftet körperlich hart, um lediglich den gesetzlichen Mindestlohn und damit an der untersten Lohnkante zu verdienen: Minilohn für Maxileistung – das passt nicht. Schon gar nicht bei einer Inflation, die enorm anziehe und die Preise weiter steigen lasse“, sagt Groha.

Der Bau im Kreis Haßberge habe volle Auftragsbücher: Für den Neubau von Wohnungen, für Energiespar-Sanierungen und für seniorengerechte Modernisierungen suchten Unternehmen schon heute händeringend Leute. Es sei ein offenes Geheimnis, dass die Branche auf Zuwanderung dringend angewiesen sei. Der Ruf nach Fachkräften aus dem Ausland werde immer lauter. „Was die Manpower angeht, steht hier eine ganze Branche mit dem Rücken zur Wand. Sollte der Bau-Mindestlohn jetzt an den Arbeitgebern scheitern, dann scheitern auch viele Neubau- und Sanierungsmaßnahmen im Kreis Haßberge. Nämlich genau die, bei denen Bauarbeiter nur den Mindestlohn und nicht den fairen und deutlich höheren Tariflohn bekommen“, so Michael Groha. Vor allem sei der Baumindestlohn auch ein Garant für den fairen Wettbewerb der Branche.

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Mit seinem Schlichterspruch zum Branchenmindestlohn habe der Präsident des Bundessozialgerichts, Rainer Schlegel, dem Bau bei der Lohnuntergrenze eine Perspektive gegeben. Er hat vorgeschlagen, den generellen Bau-Mindestlohn nicht nur ab diesem Mai, sondern auch im nächsten und übernächsten Jahr um jeweils 60 Cent zu erhöhen. Der Mindestlohn für Facharbeiter im Landkreis Haßberge soll, so schlägt der Schlichter vor, bis zum Ende dieses Jahres bei 15,70 Euro liegen und dann als feste Position im Tarifpaket verhandelt werden – also regulär mit den Löhnen auf dem Bau steigen.

Quelle: Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt