Kostbarkeiten wurden kartiert
Landwirte können sich für Vertragsnaturschutzprogramm anmelden 
Kräftig dunkelblau leuchtet er am Rande von Getreidefeldern, seine Farbe und die Blütenform mit dem langen Sporn machen ihn unverwechselbar: den Acker-Rittersporn. Während er manchen Menschen ein Begriff ist, kennen nur die wenigsten andere Ackerwildkräuter wie den Rauhen Eibisch, den Kleinfrüchtigen Leindotter oder den Sparrigen Schöterich. Diese und andere Kostbarkeiten aufzuspüren, hat sich kürzlich ein zweiköpfiges Kartier-Team im Auftrag der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Bad Kissingen zur Aufgabe gemacht. Sie kartierten das Gebiet im südlichen (Muschelkalk) und östlichen (Gipskeuper) Landkreis. Insgesamt nahmen sie mehrere hundert Äcker unter die Lupe.
„Viele Ackerwildkräuter, die früher weit verbreitet waren, sind heute vielerorts sehr selten geworden oder sogar ausgestorben“, erläutert Matthias Franz von der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt Bad Kissingen. Als Gründe nennt er intensive Düngung und den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, „aber auch die mechanische Unkrautbekämpfung sowie der Anbau von Intensivfrüchten wie beispielsweise Mais sind für den Rückgang der Ackerwildkräuter verantwortlich“, so Franz.
Ihre Seltenheit erklärt sich vor allem durch die Tatsache, dass sie gegenüber anderen Pflanzenarten – dazu gehört auch das angebaute Getreide – wenig durchsetzungsfähig sind. Der überwiegende Teil der Ackerwildkräuter hat keinen negativen Einfluss auf den Ertrag der angebauten Kultur. In Verruf gebracht wurden sie vor allem durch häufige und verbreitet auftretende Beiarten der Äcker wie Acker-Kratzdistel, Kletten-Labkraut oder Acker-Fuchsschwanz, die den Ertrag schmälern können. Diese waren nicht Ziel der Kartierung.
„Am häufigsten wächst Ackerwildkraut auf ökologisch bewirtschafteten Äckern, aber pauschalisieren lässt sich das nicht“, so Franz. „Auch eigentlich konventionell bewirtschaftete Felder können seltenere Arten aufweisen, sofern zeitweise auf chemischen Pflanzenschutz und Düngung verzichtet wird.“ Andersherum weisen ökologisch bewirtschaftete Äcker unter Umständen keine Ackerwildkraut-Flora auf, wenn diese mechanisch mit Striegel und Hacke beseitigt wird. Auch die Lage ist entscheidend: Seltene Ackerwildkräuter finden sich vor allem angrenzend zu Magerrasen und auf Äckern mit niedrigen Ertragsmesszahlen.
Bei der Kartierung hat das Team auch einige Kostbarkeiten gefunden, unter anderem einen Standort des Flammen-Adonisröschens (Rote Liste Bayern 1) bei Fuchsstadt sowie zwei sehr große Vorkommen des Kleinen Frauenspiegels bei Münnerstadt, der in Bayern ebenfalls als „Vom Aussterben bedroht“ (RL 1) gilt. „Mich freut es, dass wir in unserem Betrieb zum Erhalt bedrohter Pflanzen und zur Steigerung der Artenvielfalt einen Beitrag leisten können“, so Landwirt Andreas Petsch, der diese Äcker bewirtschaftet.
Landbewirtschafter, auf deren Flächen bereits seltene Arten vorkommen oder auf deren Flächen bei ackerwildkrautfreundlicher Bewirtschaftung ein gutes Potenzial an seltenen Arten zu erwarten ist, sollen in den kommenden Monaten verstärkt von der Unteren Naturschutzbehörde für eine Aufnahme ins Vertragsnaturschutzprogramm angefragt werden. Dabei werden u. a. der Verzicht auf Düngung und Pflanzenschutzmitteln sowie eine Bewirtschaftungsruhe nach der Aussaat der angebauten Kultur finanziell honoriert. Die Förderung soll den Ertragsverlust finanziell ausgleichen.
Die Maßnahmen des Vertragsnaturschutzprogramms kommen nur auf Äckern mit relativ niedrigen Ertragsmesszahlen bis maximal 4.000 infrage. „Landwirte, die an dem Programm teilnehmen, müssen keine Befürchtungen haben“, erklärt Franz. „Die meisten Ackerwildkräuter sind zwar selten und stehen auf der Roten Liste – unter Schutz stehen sie dennoch nicht. Nachdem die Teilnahme am Vertragsnaturschutzprogramm beendet ist, können die Äcker wieder wie vorher bewirtschaftet werden.“ Flächen von Ökobetrieben können zusätzlich zur Ökolandbau-Prämie gefördert werden.
Bayerisches Vertragsnaturschutzprogramm
Mit dem Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramm (VNP) werden ökologisch wertvolle Lebensräume, die auf eine naturschonende Bewirtschaftung angewiesen sind, erhalten und verbessert. Landwirte, die auf freiwilliger Basis ihre Flächen nach den Zielen des Naturschutzes bewirtschaften, erhalten für den zusätzlichen Aufwand und den entgangenen Ertrag ein angemessenes Entgelt. Die Maßnahmen werden in der Regel für einen Zeitraum von fünf Jahren abgeschlossen. Das Bayerische Vertragsnaturschutzprogramm ist ein wichtiges Instrument der Naturschutzpolitik der Staatsregierung zum Aufbau des europäischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000 und zur Umsetzung der Bayerischen Biodiversitätsstrategie.

Quelle: Landratsamt Bad Kissingen

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