„Abstand im Raum, aber eben nicht im Herzen“
Wie Corona den Krankenhaus-Alltag verändert – wie ein Lehrer und eine Schülerin der Berufsfachschule für Pflege die vergangenen Monate erlebt haben
Seit mehr als einem Jahr hat Corona unser aller Leben fest im Griff. Auch das der Mitarbeitenden der Haßberg-Kliniken, ganz egal, ob sie in der Pflege, im medizinischen Bereich, der Verwaltung oder der Versorgung der Patientinnen und Patienten tätig sind. Wie sie beruflich, aber auch privat mit der Pandemie umgehen, das wollen wir in einer kleinen Serie zeigen. Zum Abschluss unserer Serie haben wir uns mit Jessica Hirt, Auszubildende zur Pflegefachkraft, und Sebastian Bender, Lehrer an der Berufsfachschule für Gesundheitswesen und Pflegeberufe Haßfurt/Schweinfurt, unterhalten.
Herr Bender, Frau Hirt – schön, dass Sie sich für ein Gespräch zur Verfügung stellen und sich mit uns über Corona in ihrem Arbeitsalltag unterhalten wollen. Was hat sich denn durch die Pandemie konkret an Ihrer Tätigkeit verändert?
Sebastian Bender: Die Digitalisierung bei uns in der Schule, und nicht nur da, ist im letzten Jahr wahnsinnig schnell gewachsen. Wir haben gelernt, digitale Medien mehr und intensiver zu nutzen und werden auch in Zukunft einen Teil unserer Unterrichtseinheiten digital gestalten.
Jessica Hirt: Gerade in der Zeit, in der ich auf der Covid-19-Isolationsstation gearbeitet habe, natürlich enorm viel. Unser gesamter Arbeitsalltag hat sich in einer kurzen Zeit komplett neu strukturiert. Schutzkittel, Schutzhauben oder zwei Paar Handschuhe gehörten plötzlich zu unserer Arbeitskleidung, Isolationsmaßnahmen zu unserer Arbeitsroutine. Es ist verblüffend, wie schnell man sich an diese neuen Maßnahmen gewöhnt hat, obwohl es doch, aus Sicht der Patienten, ziemlich befremdlich aussehen muss, wenn man gelb eingehüllt mit Schutzvisier ins Zimmer kommt. Neue Situationen mit vielseitigen Emotionen kamen auf mich und das gesamte Team der Station zu. Trotz all der neuen Erfahrungen versucht man, den Grundstein für das eigene berufliche Handeln immer mit in den Alltag, der den Abstand zu den Patienten miteinbezieht, zu integrieren. Man versucht, nie verblassen zu lassen, wieso man pflegt. Abstand im Raum, aber eben nicht im Herzen.
Empfinden Sie die Pandemie in Ihrem Arbeitsalltag als Belastung?
Sebastian Bender: Ich glaube, die Pandemie war für sehr viele Berufsgruppen eine große Belastung. Im Schulalltag bestand unsere meist darin, dass viele Dinge unplanbar wurden. Einsätze von Auszubildenden mussten verschoben werden. Der Unterricht wurde kurzfristig zu 100 Prozent digitalisiert und konnte dann online stattfinden. Es wurde ein schulinterner Krisenstab etabliert, der rund um die Uhr als Ansprechpartner für Auszubildende dient und gerade     in der Anfangszeit sehr intensiv in Anspruch genommen wurde. Sogar Abschlussprüfungen mussten auf Grund gesetzlicher Vorgaben umgeplant werden und konnten nicht wie gewohnt in der Praxis, sondern mit simulierten Situationen stattfinden.
Jessica Hirt: Ja, das tue ich. Aber nicht nur, weil sich der Arbeitsalltag geändert hat. Vor  allem die Veränderungen, mit denen an Covid 19 erkrankte Menschen konfrontiert werden, berühren mich immer wieder neu. Jedes Schicksal schreibt eben seine eigene Geschichte, in die wir mit einbezogen sind. Wichtig ist, dass man sich zu Hause Freiräume und Momente schafft, durch die man berufliche Erfahrungen von seinem eigenen Zuhause trennt.
Fühlen Sie sich in Ihrem Arbeitsalltag sicher oder war und ist die Angst, sich anzustecken ein ständiger Begleiter?
Sebastian Bender: In meinem Arbeitsalltag fühle ich mich eigentlich sehr sicher. Durch die Möglichkeit der Selbsttestung und die zur Verfügung gestellten FFP2-Masken, hat man schon ein Gefühl von Sicherheit. Zudem verfügt unsere Schule über ein umfangreiches Hygienekonzept, welches die Arbeit mit den Auszubildenden vereinfacht.
Jessica Hirt: Ich denke, eine gewisse Unsicherheit ist ganz normal. Gerade wenn man corona-positive Patienten pflegt und dabei näheren Kontakt hat, sind Gedanken, wie es wäre, jetzt plötzlich zu erkranken, allgegenwärtig. Unglaublich wichtig ist es, sich darüber auszutauschen. Zu reden, wenn es einem nicht gut geht, denn das ist okay.
Wie gehen Sie außerhalb Ihrer Tätigkeit im Krankenhaus mit Corona um?
Sebastian Bender: Auch in meiner Freizeit habe ich im besonderen Maße mit den Maßnahmen der Pandemie zu tun. Ich bin ehrenamtlich bei der Wasserwacht tätig und habe dort am Anfang der Pandemie Hygieneschulungen gehalten. Aktuell betreiben wir dort zweimal wöchentlich eine Schnellteststation, um im Landkreis Rhön-Grabfeld der Bevölkerung  eine weitere Testmöglichkeit zu bieten.
Jessica Hirt: Die Pandemie ist unglaublich erschütternd, traurig und neu. Wir müssen viele neue Eindrücke in kürzester Zeit verarbeiten. Aber ich sehe diese Pandemie auch als eine Chance. Eine Chance, das wirklich wertvolle im Leben zu erkennen, bewusst wahrzunehmen, Veränderungen zu wagen, mutig zu sein, wieder zu sich selbst zu finden. Und noch vieles mehr. Das ist mein Antrieb, das sind Gedanken, die mir Hoffnung machen. Die Maßnahmen und wie wir mit ihnen umgehen – das ist wichtiger als alles andere. Denn jedes Tragen einer Maske, jeder Meter Abstand kann Leben retten. Auch mich hat  die FFP2-Maske vor schlimmen Erfahrungen im Zusammenhang mit einer Infektion geschützt.
Gab oder gibt es denn in den vergangenen Monaten so etwas wie „Corona-Highlights“? Situationen oder Reaktionen, die in der nicht immer einfachen und fordernden Lage Mut gemacht haben?
Sebastian Bender: Ein Highlight war sicher unsere Abschlussprüfung im Simulations-Labor. Durch die hohen Infektionszahlen konnte das Examen nicht wie geplant auf Station stattfinden. Somit hat unsere Schule in kürzester Zeit Prüfungen an Simulationspatienten auf die Beine gestellt. Dadurch konnten wir, unter Einhaltung aller Hygienevorschriften, für unsere Auszubildenden eine realitätsnahe Prüfung gestalten, in der sie sehr gute Resultate erzielen konnten.
Jessica Hirt: Oh, ja die gibt es auf jeden Fall! Zum Beispiel Patienten, die unglaublich viel Dankbarkeit, Kraft und Hoffnung in sich tragen. Die nicht aufgeben, komme was wolle. Die immer ein Lächeln im Gesicht haben – das erkennt man auch an den Augen. Solche Erlebnisse und Beobachtungen sind meine Highlights! Dafür bin ich dankbar, Menschen in diesen Zeiten auf ihrem Weg unterstützen zu können, ein Teil ihrer Geschichte zu sein und mit allem, was wir haben, für sie da zu sein.

Quelle: Haßberg-Kliniken

 

 

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